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Bäcker, der Kuchen dekoriert

Bean-to-Bar und die Vergießer

Wo fängt Bean-to-Bar an?

Immer wieder begegneten  uns bei unseren Reisen und Recherchen Chocolatiers, die mit der Nase rümpfen, wenn man über die Kleinsthersteller mit ihren 2kg-Chargen spricht und diese als Bean-to-Bar Chocolatiers betrachtet. Selber seit Jahren, Jahrzehnten oder gar seit Generationen als Chocolatiers tätig, betrachtet manch einer der traditionellen Hersteller diese Newcomer als Fremdlinge. Daher die Frage, wo fängt Bean-to-Bar an?

 

Für uns eine sehr einfache und klare Angelegenheit. Wer rohe Kakaobohnen kauft, röstet, bricht, mahlt und zu Schokolade verarbeitet, fällt unter die Kategorie Bean-to-Bar.

Es ist uns auch absolut egal, welche Technik er anwendet. Ob primitiv oder hochmodern, in dem Moment, wo die Basis die rohe Kakaobohne ist, ist es Bean-to-Bar.

In einem Satz: Ein Bean-to-Bar Hersteller verfügt über eigene physischen Maschinen, um von Anfang bis Ende Kakaobohnen verarbeiten zu können, inklusive dem Rösten.

 

Mittlerweile produzieren sogar kleine Eisdielen ihre eigene Bean-to-Scoop Schokolade, um ihr individuelles Schokoladeneis zu verkaufen. Während Georg's Australienreise im Jahr 2015 hat er einen Zwischenstopp in der Hauptstadt Canberra eingelegt und hatte das Glück pünktlich zur Neueröffnung der ersten eigenen Filiale von Frugii Dessert Laboratory anwesend zu sein. Dort hat er zum ersten Mal Bean-to-Scoop Schokoladeneis, hergestellt mit Trinchera-Kakao aus Venezuela, gegessen und es war hervorragend. John Marshall, der Speiseeis-Alchemist, und seine Frau Ed hatten ein sehr durchdachtes Konzept und ein vorbildliches Qualitätsdenken. 

Ob die Produkte dann gut sind oder nicht, ist ein ganz anderes Thema und hat keinen Einfluss auf die Einstufung eines Unternehmens als Bean-to-Bar. Eine Frage ist jedoch berechtigt, zu der wir jedoch keine Antwort parat haben.

Ist es für den Markt nützlich, dass es viele Hersteller gibt und davon auch einige, die eine nicht so gute Qualität herstellen? Wenn ein kleiner Hersteller dann 6-7 Euro oder auch mehr für eine Schokolade verlangt, wo die Qualität den Preis in keiner Weise berechtigt? Ehrlich, wir wissen es nicht und nur die Zeit wird uns eine Antwort darauf geben können. 

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Was ist kein Bean-to-Bar?

Eigentlich erübrigt sich diese Frage, denn im vorherigen Absatz ist eine klare Definition von Bean-to-Bar. Dennoch, da wir etliche Diskussionen mit Herstellern hatten, hier unsere klare Meinung was kein Bean-to-Bar ist:

- Wer die die Bohnen einkauft und diese dann nach Vorgabe zu Schokolade verarbeiten lässt, ist kein Bean-to-Bar.

- Wer tatsächlich vor Ort ist und die Herstellung seiner Schokolade überwacht, ist kein Bean-to-Bar Hersteller.

- Wer die Kakaobohnen woanders rösten und schälen lässt und dann die Kakao-Nibs zu Schokolade verarbeitet ist kein Bean-to-Bar Hersteller.

- Sollte es noch weitere Varianten geben, die von unserer Definition aus dem vorherigen Absatz abweicht, sind auch diese unserer Meinung nach keine Bean-to-Bar Hersteller.

 

Teilzeit Bean-to-Bar Hersteller

Einer der größten Fehler Georg's aktiven Laufbahn war, dass sie bei Coppeneur im Jahr 2006 mit der Herstellung von Bean-to-Bar Schokolade begannen, diese selbst hergestellte Schokolade aber nur für einen Teil der Produkte eingesetzt haben. Die Schokolade für die Produktkategorien Konfekt und handgeschöpfte Schokoladen (im Übrigen ein zweiter großer Fehler, dieses Produkt so zu nennen) hatten sie damals von Barry Callebaut bezogen. Dies ist bei einigen anderen Herstellern ebenso eine gängige Praxis und einige dieser Unternehmen nutzen die Herstellung von Bean-to-Bar ausschließlich zu Marketingzwecke.

 

Die Vergiesser

Wir können mit veredelten Schokoladen, die nicht Bean-to-Bar sind, wenig anfangen.

Das Geschäftsmodell ist denkbar simpel. Wir kaufen fertige Schokolade, Rohstoffe, mit denen ich diese Schokolade veredeln möchte, die notwendigen Maschinen und Formen zur Verarbeitung und fertig ist die veredelte Schokolade. 

Bei diesem Geschäftsmodell vermissen wir die Kreativität. Ist es kreativ, wenn ich die xte Sorte Chili aus dem tiefsten Urwald hervorzaubere und dann in Schokolade verarbeite?

Ist es kreativ, wenn ich diverse Rohstoffe neu zusammensetzte?

Wir erkennen hier nur eine sehr begrenzte Kreativität und solche Produkte wecken bei uns kaum Interesse. Nur selten kann uns ein solches Produkt zum Probieren animieren. Einzig bei Confiseure, die auch Konfekt und andere Produkte herstellen, können wir eine gewisse Sympathie gegenüber diesen Produkten und den Herstellern  aufbringen. 

Unsere Abneigung beruht zum großen Teil auch darauf, dass sehr viele dieser Vergießer banale oder gar qualitativ bestenfalls Schokolade von mittelmäßiger Qualität verwenden.

 

Anonymität und Intransparenz bei Confiseure und Vergiesser

Will ich eine anonyme Schokoladenqualität kaufen, wo ich nicht weiß, wo sie herkommt? Denn die meisten Vergiesser und auch Confiseure geben nicht preis, woher sie ihre Schokolade beziehen. Wobei sich hier die Spreu vom Weizen trennt. Die, die offen kommunizieren, woher sie die Schokolade beziehen, stehen auch hinter dem, was sie tun und verwenden in der Regel auch gute Qualitäten. Bei allen, die daraus ein Staatsgeheimnis machen, sind wir vorsichtig und misstrauisch. 

Wobei es bei der Gattung Vergiesser (und Confiseure) noch eine schlimmere und üblere Spezies gibt. Nämlich die, die verschiedene Qualitäten kaufen, um sich mit den guten Namen von hochwertigen Herstellern zu brüsken. Die stellen dann wenige Produkte mit diesen hohen Qualitäten her und verkaufen sie teuer. Für die Bestseller verwenden sie dann die billige und minderwertige Schokolade, merkt ja keiner. Der Preis ist aber nicht selten ebenso hoch.

 

Mittlerweile gibt es so viele Bean-to-Bar Hersteller, die auch veredelte Schokoladen anbieten, dass jeder Konsument darauf zurückgreifen kann und sollte.

Es wird Zeit, dass den Menschen, die sich die Mühe machen und Schokolade von der Bohne weg produzieren, mehr Anerkennung widerfährt.

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