
Vom Kakao zur Schokolade
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Eine Bemerkung vorweg: Die Mär, je länger die Conchierzeit, desto besser die Schokolade, ist fachlich schlicht falsch. Die Conchierzeit allein sagt rein gar nichts über die Qualität der Schokolade aus. Die Gründe dafür sind ganz einfach:
1. Zur Herstellung von Schokolade gibt es nicht nur eine Produktionsweise. Jede hat ihre Besonderheiten und alle haben Vor- und Nachteile. Die Conchierzeit kann bei den unterschiedlichen Produktionsweisen stark variieren.
2. Auch die Konstruktionsart der Conche und die Einstellungen an ihr und den peripheren Maschinen spielen für die Conchierzeit eine Rolle. Die moderne Technik hat auch bei traditionellen Herstellungsmethoden die Prozesse
optimiert.
3. Jede Kakaobohne ist anders. Entsprechend muss auch die Conchierzeit angepasst werden. Säurehaltige Kakaobohnen benötigen in der Regel länger, da sich in der Conche auch die Säure der Schokolade reduziert. Auch die Qualität der Bohne nimmt Einfluss auf die Dauer. In der Regel gilt: je schlechter die Qualität der Bohne, desto länger muss conchiert werden, um die unerwünschten Aromen zu entfernen.
4. Auch die Röstdauer und -temperatur beeinflusst die Conchierzeit.
5. Und dann gibt es natürlich auch Unterschiede zwischen den Schokoladensorten: Weiße Schokolade und Milchschokolade benötigen weit kürzere Conchierzeiten als dunkle Schokolade.
Diese fünf Gründe sind die wichtigsten – es gibt aber sicher noch mehr.

Der Herstellungsprozess
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Wir halten unsd an die traditionelle Produktionsweise, gehen aber bei Bedarf auf Alternativen ein.
Vorreinigung der Bohnen
Die Vorreinigung der Bohnen ist für alle Produktionsweisen unverzichtbar und funktioniert nahezu immer auf die gleiche Weise. Vorab werden die Bohnen zwar im Labor getestet, aber man glaubt gar nicht, was man in Kakaobohnensäcken alles finden kann: Fasern, Steine oder Papier sind noch das Harmloseste.
In der Regel reinigt man die Bohnen mit Sieben und Bürsten magnetisch und pneumatisch vor und verwendet anschließend einen sogenannten Entsteiner, der auch die kleinsten Kieselsteine aus den Bohnen herausfiltert.
Das Rösten
Der Röstvorgang hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Aromas. Jede Kakaobohne bedarf eines individuellen Röstprofils – so vertragen manche Bohnen höhere Temperaturen gar nicht gut, sodass die gewünschten feinen Nebenaromen zerstört werden. Manch Chocolatier prägt seine Schokolade durch eine starke Röstung der Kakaobohnen und gibt ihr damit einen eigenen Charakter. Zum Beispiel wird man eine Pralus-
Schokolade meist aufgrund ihrer typischen starken Röstung (und der Zugabe von sehr viel Kakaobutter) unter vielen anderen Schokoladen herausschmecken. Auch beim Rösten gibt es verschiedene Methoden:
Ob ein Kugelröster, Zylinderröster oder kontinuierliche Röster (Heißluftkanal) verwendet werden, ist fast eine Glaubensfrage – wobei der kontinuierliche Röster aufgrund der mangelnden Flexibilität eher für die Großindustrie
geeignet ist.
Aufgrund einzelner Parameter variiert die Rösttemperatur recht stark: von 120°C bis 155°C.
Die Röstzeit beträgt bei der handwerklichen Herstellung mindestens 30–35 Minuten, nicht selten aber auch 45–50 Minuten. Bei der industriellen Herstellung liegen die Zeiten auch gerne mal unter 15 Minuten bei wesentlich höheren Temperaturen. Ähnlich wie beim Kaffee ist dies einer der Gründe, warum industriell gerösteter Kakao selten die Qualität eines manuell gerösteten erreichen kann: durch das schnelle Rösten bei hohen Temperaturen werden ihm die Aromen geraubt.
Neben den Auswirkungen auf den Geschmack, hat das Rösten natürlich auch einen trocknenden Effekt – der Bohne wird die gespeicherte Feuchtigkeit entzogen.
Brechen und Schälen
Dieser Vorgang hört sich simpel an, ist aber recht kompliziert. Nach einer Abkühlphase gibt man die Bohnen in den sogenannten Brecher, in dem sie durch Walzen aufgebrochen werden. Über ein vibrierendes Band und durch Luftströme werden dann die Bohnenstücke von der Schale getrennt. Das Ergebnis nennt man Kakaokernbruch oder auch Kakao-Nibs.
Das Mahlen
Das Mahlen der Kakao-Nibs fasziniert uns auch heute noch. Wie aus festen und harten Kernen durch stetes mahlen langsam eine Flüssigkeit wird, ist schon beeindruckend. Auch für das Mahlen gibt es verschiedene Verfahren:
Eine uralte, bewährte Technik ist das Mahlen mit Steinmühlen, das heute häufiger wieder angewendet wird. Bei anderen Techniken werden Stift-, Kugel-, Schlagmesser- oder Prallmühlen sowie Walzwerke genutzt.
Beim Mahlprozess wird das Zellgewebe der Kakao -Nibs aufgerissen und die Kakaobutter freigelegt. Durch die Erwärmung, die durch die Reibung entsteht, schmilzt die Kakaobutter und bildet mit den freigelegten Stärke- und Eiweißteilchen eine dunkelbraune, intensiv riechende Masse, die Kakaomasse. In diesem Moment muss man sich entscheiden, wie man die Kakaomasse weiter verarbeiten will: Man kann sie pressen und somit in Kakaobutter und Kakaopulver trennen oder man verarbeitet sie zu Schokolade. Nun wissen Sie bereits, wie Kakaopulver und reine Kakaobutter entstehen, daher widmen wir uns hier weiter der Herstellung von Schokolade.
Das Mischen
Die Kakaomasse wird mit den übrigen Zutaten bei gleichzeitiger Erwärmung vermischt, geknetet und gewendet. Je nach Rezeptur und Schokoladensorte sind das Zucker, Kakaobutter, Vollmilchpulver, Vanille und sonstige Zutaten.
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Das Walzen
Häufig wird die Qualität von Schokolade auch anhand der Feinheit ihres Mahlgrades bestimmt. Einerseits ist das nicht falsch, anderseits kann aber auch eine grobe Schokolade köstlich und von herausragender Qualität sein.
Dennoch ist das Walzen ein wichtiger Produktionsschritt, da die Aromen einer feinen Schokolade auf der Zunge verstärkt wahrgenommen werden können.
Früher wurde zum Walzen oft ein Mélangeur verwendet. Das ist eine recht primitive Maschine, in der schwere rundlaufende Granitwalzen die Kakaomasse mischen und zermahlen. Heute wird diese traditionelle Methode immer häufiger wieder eingesetzt – aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwandes jedoch in der Regel von kleinen Betrieben.
In der industriellen Produktion durchläuft die Kakaomasse Walzwerke mit drei oder fünf Walzen. Die Rotation der horizontal gelagerten Walzen nimmt dabei von unten nach oben immer weiter zu, gleichzeitig werden die Zwischenräume enger. Zur Kontrolle der Reibungswärme werden die Walzen von innen mit Wasser gekühlt. Von der obersten Walze wird die Kakaomasse schließlich mit einem Messer abgeschabt. Je nach gewünschtem Feinheitsgrad wird dieser Vorgang mehrmals wiederholt.
Das Conchieren
Beim Conchieren handelt es sich um eine Wärmebehandlung mit mechanischer Bearbeitung. Die Masse wird bewegt und gleichzeitig be- und entlüftet. Man unterscheidet zwischen trocken und flüssigconchieren. Beim Trocken-Conchieren werden alle nicht flüssigen Zutaten vermengt und verknetet. Die durch Reibung entstehende Wärme lässt einerseits die Kakaobutter schmelzen, wodurch sie die festen Bestandteile umhüllt und eine homogene Masse bildet. Andererseits sorgt sie für die Reduktion der noch enthaltenen Feuchtigkeit und das Entweichen unerwünschter Aromen. Erst am Ende der Conchierzeit fügt man – je nach Rezeptur – die flüssigen Zutaten wie Kakaobutter oder Lecithin hinzu. Beim Flüssig-Conchieren wird die Kakaobutter bereits zu Beginn zugefügt und nur das Lecithin erst ganz zum Schluss.
Bei beiden Verfahrensweisen besteht die Kunst und die Schwierigkeit des Conchierens darin, die unerwünschten Aromen weitestgehend zu beseitigen und gleichzeitig die gewünschten Aromen in der Schokolade zu behalten.
Das Temperieren
Zur Weiterverarbeitung der Schokolade spielt die korrekte Temperierung eine essenzielle Rolle. Schokolade soll glänzen und beim Brechen deutlichen knacken, sie soll einen perfekten Schmelz haben und eine gewisse Wärmestabilität aufweisen. Das erreicht man, indem man die Schokolade bestimmten Temperaturintervallen
aussetzt. Schokolade in fester Form durchläuft folgende Prozedur: erwärmen auf ca. 45°C, abkühlen auf 28°C und wieder erwärmen auf 32°C. Dies sind alles nur Richtwerte, da diese Kurve je nach Schokolade variieren kann. Durch das Durchlaufen der unterschiedlichen Temperaturen können die Fettkristalle der Kakaobutter eine stabile Struktur aufbauen. Nur so ist es möglich, alle gewünschten Eigenschaften der Schokolade zu erhalten. Geringe Abweichungen der Temperaturkurve können bei der Weiterverarbeitung gravierende Folgen nach sich tragen.
Eines der großen Geheimnisse, warum Schokolade im Mund so unvergleichlich zart zergeht, liegt im Schmelzpunkt der Kakaobutter – er liegt bei ca. 34°C und damit knapp unterhalb der menschlichen Körpertemperatur. Schokolade, die andere Fette enthält, weist nicht annähernd einen so angenehmen Schmelz auf, da deren Schmelzpunkt weit unter dem der Kakaobutter liegt.
Das Gießen von Schokoladentafeln
Der letzte Herstellungsschritt besteht im Gießen der Schokolade in eine vorgewärmte Tafelform. Anschließend durchläuft die Schokoladentafel einen Kühlkanal, in dem durch Vibration eventuell vorhandene Luftblasen entfernt werden und die Masse in verschiedenen Temperaturzonen optimal abkühlt. Besonders zum Schluss ist es wichtig, dass die Schokolade im Vergleich zur Umgebungstemperatur nicht zu kühl ist, um die Bildung von Kondenswasser zu vermeiden. Nach dem Gießen sollte das Produkt schnellstmöglich verpackt werden, damit Fremdgerüche die Produkteigenschaften nicht beeinflussen.

Alternative Herstellungsmethoden
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Universalmaschine
Eine etwas antiquierte Methode – die aber auch heute noch von einigen namhaften Chocolatiers eingesetzt wird – ist die Verwendung einer Universalmaschine, die den gesamten Produktionsprozess vom Mahlen bis zum Conchieren übernimmt. Sie besteht aus einem zylindrischen Behälter, in dem die eingefüllten Kakaonibs zwischen der Gefäßwand und regulierbaren Lamellenmessern zerkleinert werden. Zu Beginn des Vorgangs müssen die Lamellen sehr weit offen stehen, damit aus den Kakaonibs flüssige Kakaomasse wird. Nach und nach werden die Lamellen immer enger in Richtung der Wand verstellt, sodass die Masse feiner wird. Gleichzeitig wird auch bereits conchiert. Der Nachteil dieser einfachen Methode liegt in ihrem recht hohen Energie- und Wasserbedarf. Sie eignet sich aber auch sehr gut zur Herstellung von Nougat.
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Chocoeasy™
Die Chocoeasy-Maschine ist im Grunde eine Conche mit eingebauter Kugelmühle, in der gleichzeitig conchiert und gemahlen wird. Bei dieser in Brasilien entwickelten Technik wird die zu conchierende Kakaomasse permanent durch eine Kugelmühle gepumpt, während Frischluft zugeführt und die Maschine mit Wasser gekühlt
wird.
Diese Technik eignet sich gut für weiße und Milchschokolade. Der Nachteil ist sicherlich, dass durch die permanente Zufuhr von Schokoladenmasse in die Kugelmühle keine einheitliche Partikelgröße erzielt wird.
Längsreiber
Die erste, von Rodolphe Lindt entwickelte Conche ist der Längsreiber. Auch diese Technik findet noch heute ihre Anwendung. Hier befindet sich die Schokoladenmasse in einem Granitbecken, wo sie mit einer Granitwalze vor- und zurückbewegt wird. Eigentlich sollte diese Maschine als Mélangeur die zu hohe Restfeuchtigkeit aus der Masse entfernen, aber durch die permanente Bewegung und das ständige Schlagen gegen die Ränder bewirkte sie außerdem auch das uns heute als Conchieren bekannte verfeinern der Aromen. Bei dieser Technik spielt die Dauer der Conchierzeit selbstverständlich eine große Rolle für die Qualität.
Mélangeur
Seit einiger Zeit gibt es ein Revival der guten alten Mélangeure. Eigentlich gedacht zum Vermischen der Zutaten, wird heutzutage oftmals die Schokolade darin auch vermahlen und conchiert.
Ein traditioneller Mélangeur hat einen rotierenden Zylinder mit einer schräg aufragenden Seite und einem Granitboden, auf dem sich zwei große Mühlensteine drehen. Die neuen Modelle basieren auf dem gleichen Prinzip, werden aber in den vielfältigsten Ausführungen hergestellt.

Die Qualität der Schokolade
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Die genannten Techniken beweisen einmal mehr, dass allein die Dauer der Conchierzeit keinerlei Auskunft über die Qualität einer Schokolade treffen kann. Moderne Maschinen besitzen ein weitaus höheres Schergefälle als zum Beispiel ein Längsreiber oder eine Universalmaschine und kommen in wesentlich kürzerer Zeit zu einem gleich guten Ergebnis. Ausschlaggebend für die Qualität einer Schokolade sind ganz andere Faktoren:
• Herkunft und Genetik der Kakaobohne
• Anbau, Ernte und Verarbeitung der Kakaobohne im Ursprungsland
• Das Rösten (Temperatur und Dauer)
• Das Mahlen
• Die Rezeptur
• Das Conchieren (unabhängig von der Dauer)
• Das Temperieren
• Das Gießen
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Kriterien für gute Schokolade
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· Inhaltsstoffe sind nur Kakao und Rohrzucker, ggf. auch zugesetzte Kakaobutter. Milchschokolade enthält zusätzlich auch Milchpulver. Die Zugabe von nicht genmanipuliertem Lecithin kann toleriert werden
· Kakaobutter ist das einzige enthaltene Pflanzenfett
· Vanillin, künstliche oder naturidentische Aromen sowie Konservierungsstoffe sind tabu
· Glänzende Oberfläche und eine warme, samtige Farbe
· Intensiver und aromatischer Duft
· Deutliches und trockenes Knacken beim Abbrechen
· Intensiver und aromatischer Geschmack. Kakaobohnen verfügen über mehr als 500 Aromabestandteile:
von Früchten und Blumen, über Wald und Tabak bis zu Nüssen, Pilzen und Marmelade u.v.m.
· Gleichzeitig süßer und leicht bitterer Geschmack mit einer Spur Säure. Kann eine leichte Adstringens aufweisen, der Gaumen darf sich jedoch keinesfalls zusammenziehen
· Samtiger Schmelz im Mund